Thorsten Schäfer-Gümbel: Ziel bleibt, Fahrverbote zu vermeiden – Industrie in der Verantwortung – Abwälzen der Kosten ungerecht

Bild: Pietro Sutera

Das Bundesverwaltungsgericht hat heute geurteilt, dass Städte und Gemeinden im Sinne der Luftreinhaltung Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge verhängen können. Eine bundesrechtliche Regelung sei hierfür nicht erforderlich, so das Gericht.

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, sagte am Dienstag in Wiesbaden: „Bund, Länder und Kommunen müssen sich jetzt schnellstens besprechen, welche Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen sind. Das Urteil bedeutet nicht, dass es kurzfristig zu Fahrverboten kommt, und das Ziel muss auch sein, diese zu verhindern. Es gibt viele Instrumente, sauberere Luft in den Städten zu bekommen. Dazu muss der Bund, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, gerade den belasteten Städten helfen, das Problem zu lösen und ihre Verkehrssysteme sauber zu bekommen: Ein Beispiel sind das milliardenschwere Sofortprogramm Saubere Luft und die darin enthaltenen Förderprogramme des Bundes. Letztlich braucht es eine echte Verkehrswende. Nötig ist es, die Verkehrsströme in den Städten besser zu lenken, den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen und auszubauen und die bestehenden Bus-Flotten so schnell wie möglich auf emissionsfreie Antriebe umzustellen. All das muss technologieoffen geschehen und braucht eine gewisse Zeit, weswegen ich es begrüße, dass das Bundesverwaltungsgericht den Kommunen eine Übergangsfrist eingeräumt hat.“

Wo es möglich sei, müssten neuere Dieselautos mit einer entsprechenden Hardware nachgerüstet werden, also mit SCR-Katalysatoren und Harnstoffeinspritzung. „Und die Kosten dafür dürfen nicht bei den Autobesitzern abgeladen werden, das wäre zutiefst ungerecht“, sagte Schäfer-Gümbel. Die Besitzer von Euro-5-Diesel seien von der Industrie jahrelang in dem Glauben gelassen worden, ein besonders umweltfreundliches Auto zu fahren. „Dass diese Fahrzeuge deutlich mehr Stickoxide ausstoßen, als jemals zulässig war, liegt eindeutig in der Verantwortung der Hersteller. Deswegen sehe ich auch die Verantwortung für die entsprechende Hardware-Nachrüstung bei der Industrie, nicht bei den Fahrzeughaltern oder gar der Allgemeinheit der Steuerzahler“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Schäfer-Gümbel warnte zugleich davor, den Dieselmotor zu verteufeln. Mit SCR-Katalysatoren und Harnstoffeinspritzung sei eine Abgasreinigungstechnik für Dieselfahrzeuge verfügbar, die den Stickoxidausstoß wirksam reduziere. Und der Weg zur Alltagstauglichkeit der emissionslosen Mobilität, beispielsweise mit Elektroantrieben, sei noch weit. Zudem werfe die Massenproduktion von Elektrofahrzeugen neue Umweltfragen auf. So sei die Herstellung der erforderlichen Großakkus für Elektroautos ausgesprochen energie- und rohstoffintensiv. „Wir müssen darauf achten, dass wir uns bei dem Versuch, die Abgase aus den Verbrennungsmotoren zu reduzieren, nicht neue Probleme einhandeln“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende.

„Wir müssen für sauberere Luft in unseren Städten sorgen, aber wir müssen das mit Augenmaß tun. Flotte Sprüche sind in der Regel keine Lösungen, sondern schaffen nur neue Probleme“, sagte Thorsten Schäfer-Gümbel.